Kino-Flatrate mit Cineville

Zu meinem Geburtstag beschenkten mich meine Frau und Schwiegermama besonders reich mit einem Abo von Cineville. Für ein halbes Jahr kann ich so oft ich will in ausgewählte Kinos in ganz Deutschland gehen. Ich bin völlig hin und weg!

Hier möchte ich festhalten, wie ich dieses großartige Geschenk nutze.

D = deutsche Synchro, OmU = Original mit Untertiteln, OmdU = Original mit deutschen Untertiteln, ★ = besonders starker Film.

Nosferatu – Der Untote (OmdU)
Ich bin ein riesiger Fan des Originalfilms von F.W. Murnau und nach Sichtung war mein erster Impuls, dass es dieses Remake für mich nicht gebraucht hätte. Bill Skarsgårds Graf Orlok ist zwar ein gutturaler Schrecken sondergleichen, aber die gleiche Mystik wie bei Max Schreck will nicht aufkommen. Was ich aber groß finde: Lily-Rose Depp kann der Rolle der Ellen Hutter extreme Tiefe abringen. Wie sie die gesamte Männer- und Vampirwelt mit ihrem Sein in die Verzweiflung stürzt ist fantastisch, modern und feministisch und hebt ihre Rolle und damit den gesamten Film über den Rang einer reinen Neuauflage.
Des Teufels Bad (O) ★
Unbedingt schauen! Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll, um die Faszination, die dieser Streifen auf mich ausübt, einzufangen. Die Prämisse ist, dass vor gar nicht so langer Zeit (Mitte des 18. Jahrhunderts und damit zur Zeit der sogenannten Aufklärung) Religion eine so große Rolle gespielt hatte, dass Menschen eher einen Mord statt Selbstmord begingen. So konnte man sowohl dem trostlosen Leben als auch der ewigen Verdammnis entgehen, die auf Menschen, die den Freitod wählen, wartet. Denn nach einem Mord kann man schließlich noch die Beichte ablegen und so Erlösung erfahren. Die Bilder, die alltägliche Gewalt (wobei es hier zur Abwechslung nicht vorrangig um Gewalt gegen Frauen geht), die Überforderung der Menschen im Umgang mit psychischen Problemen, der Soundtrack von Hauptdarstellerin Anja Plaschg… Alles an diesem Film geht unter die Haut!
Konklave (D)
Dieser Film ist ein willkommenes Abtauchen in einen Kosmos, in der die Leisen, die Zweifelnden, die Mutigen am Ende die Oberhand behalten und damit die Welt besser machen. Als Utopie ein Genuss, als Mahnung, dass wir in der Realität sehr wert davon entfernt sind, ein Schlag ins Gesicht.
A Real Pain (OmU)
Ich wollte diesen Film wirklich mögen. Wirklich! Culkin kann ich mir stundenlang ansehen und er liefert eine tolle Performance ab. Der Oscar wäre nicht unverdient. An Eisenberg störe ich mich. Sowohl an seinem Schauspiel als auch an seiner Regie. Sein typischer Dauerneurotiker à la Zombieland und Adventureland nervt mich hier etwas und seine Regie lässt den tollen Einstellungen, den Lachern und auch den nachdenklichen Momenten wenig Zeit und Raum sich zu entfalten. (J, wenn du das hier liest: Tut mir leid, dass ich den Film schon gesehen habe und etwas negativ berichte. Ich will den Streifen trotzdem noch einmal mit dir sehen!)
Die leisen und die großen Töne (D)
Empfehlung meiner Schwiegermama. Trotz der traurigen Momente ist das ein absoluter Wohlfühlfilm. Die Franzosen haben das zurückhaltende und trotzdem eindringliche Spiel zur Kunstform erhoben und ich liebe es. Eine Ode an das Geschwisterdasein, die Musik und das Leben.
Der Graf von Monte Christo (D)
Und weil wir gerade beim französischen Film sind: Es ist eine Wonne dabei zuzusehen, wie gefühl- und eindrucksvoll unsere Nachbarn mit ihren literarischen Helden umgehen. Dieser Film ist ein Melodram mit tollen Schauwerten und angenehm wenig Kitsch. Die Ausstattung, die Kulissen, der arschcoole Graf; da passt einfach alles.
Kneecap (OmU) ★
Was soll ich zu diesem Film sagen, außer: TOP LAD! WHAT THE FUCK?! Ein Meilenstein! Film-des-Jahres-Material! Regisseur und Drehbuchautor Rich Peppiatt hat es geschafft eine Hymne auf die Sprache, die Musik, die Subkultur anzustimmen—eingebettet in die noch immer spürbaren Folgen der Troubles und damit in einen der blutigsten Konflikte Europas. Aber mit viel Witz und dem titelgebenden Band-Trio, das sich selbst spielt, wird daraus kein typisches Nordirland-Drama sondern eher mein aktueller Stimmungsaufheller. Der irisch-sprachige Hip Hop der drei drillt sich mit Wucht direkt ins Ohr und lebt da ein paar Wochen mietfrei. Bandcamp brachte eine Woche nach meinem Kinogang ein Interview mit Kneecap auf der Titelseite; kann ich nur empfehlen!
Emila Pérez (OmdU)
Ein queeres Gangster-Melodram-Musical? Ja klar, gib her, ich zieh’s mir rein! Denn für solch überbordende Genre-Explosionen ist das Kino da! Die drei Hauptdarstellerinnen sind fantastisch und legen angeführt von Zoe Saldaña eine Gesangseinlage nach der anderen hin. Sehr schade, dass die Kontroverse um Karla Sofía Gascón den Blick auf den Film und die Oscars trübt.