Das süße Leben

Seit meinem siebenmonatigen Missverständnis von Job in der Consulting-Branche 2019 und der damit verbundenen Pendelei nach Düsseldorf liege ich Katharina mit der Idee eines Tagesausflugs in ebendiese Stadt in den Ohren. Falls sich hier jemand den Köln/Düsseldorf-Zwist etwas zu sehr zu Herzen nimmt und schon entsetzt nach Luft schnappt: Dich muss ich enttäuschen. Als Wahl-Kölner, aber am Ende des Tages Leipziger Jung, kann ich die schönen Seiten von Düsseldorf ganz entspannt annehmen und habe überdies wenig Interesse daran, diese Quatsch-Fehde weiter zu befeuern. Dafür habe ich mich als Jugendlicher schon genug an Dresden abgearbeitet, denn das schönste an der Landeshauptstadt an der Elbe ist ja bekanntlich der Zug nach Leipzig. Spaß. Zwinker-Smiley!

Heute war es endlich soweit: wir nahmen die 40-minütige Fahrt auf uns und—so viel sei schon verraten—wir hatten einen traumhaften Tag in Düsseldorf! Mein Bruder würde sagen: Es flowte. Egal ob mit Kaffeegetränk über die Kö schwofen, Leute gucken und gemeinsam sinnieren, ob die Frequenz unserer „Meinen die den Look ernst?“ jetzt wirklich signifikant höher ist als in Köln; oder durch die kleinen Lädchen auf dem Carlsplatz schlendern und hier und da mal was kaufen; oder mit Sarti Spritz und alkoholfreiem Weissbier im Kasbah am Alten Hafen auf Liegestühlen in der Sonne fläzen. Brudi hätte Recht gehabt … es flowte eben.

Und noch ein Spruch fällt mir dabei ein: Deutsche Vita! Wie der liebe O immer zu sagen pflegt. Ja, das süße Leben kann man auch in NRW haben. Die in mir stürmende Dankbarkeit kennt keine Grenzen; Dankbarkeit für Gesundheit, Partnerschaft, disposable income, und flexible Arbeitszeiten als Selbstständiger.

Das nächste Highlight ließ nicht lange auf sich warten: Genau gegenüber vom Kasbah befindet sich das Filmmuseum Düsseldorf, das ich schon seit einiger Zeit auf dem Radar habe, da es unter anderem einen Teil des Nachlasses von der von mir sehr verehrten Lotte Reiniger beherbergt. Dieses Museum ist aber noch so viel mehr und ein echtes Schmankerl für jeden Film-Buff. Der freundliche Herr an der Kasse schien uns direkt wegen unseres Interesses und bloßen Anwesenheit schon ins Herz geschlossen zu haben und nahm für den Eintritt nur den ermäßigten Tarif. Vielen Dank noch mal!

Die Dauerausstellung bietet luftig und dennoch thematisch engmaschig kuratierte Originale, wie Briefe von Rainer Werner Fassbinder, Extra-Props großer Hollywood-Produktionen und sogar das Original-Set des Kurzfilmes Balance.

Neben den Schauwerten und den Blicken hinter die Kulissen des Filmemachens bietet das Museum auch interaktive und lehrreiche Abschnitte, in denen zum Beispiel Filmschnitt und die frühen Techniken von Bildgebung und Animation im Detail beleuchtet werden. Und sobald ich mich in der Welt von Méliès und den Lumières befinde, bin ich verzaubert und nehme jede Kleinigkeit mit kindlicher Freude auf. Bin ich kurz mit offenen Armen zwischen alten Kameras und Lotte Reinigers Scherenschnitten hin und her getänzelt? Eventuell, aber da das Museum leider wenig besucht war, kann das niemand bezeugen. Wir waren begeistert vom Filmmuseum und uns einig, dass das das bisher beste Ausstellungshaus in dem Bereich ist.

Nach einer weiteren Runde Shoppen und Flanieren—was in der Altstadt rundum die Flinger Straße wirklich gut geht—machten wir uns auf zum Na Ni Wa für Sushi und Udon mit unserer Freundin N. Bei leckerem Essen und später noch einen Absacker in der lauschigen After-Work-Bar Ellington (Ich hab den Namen vergessen, aber der Mocktail mit rosa Beeren, Tonic und Thymian war großartig!) brachten wir uns auf den neuesten Stand. Schön war das und ein zünftiges Ende für einen phänomenalen Tag.

Grazie, Düsseldorf. Wir kommen wieder.

Die Zettelwirtschaft nach einem Tag in Düsseldorf: Flyer für einen Kunstmarkt, Hosen-Label vom Shoppen, Eintrittskarte vom Filmmuseum, japanischer Bierdeckel und ein Knöllchen.